10/2010
Anonyma - Eine Frau in Berlin   Tagebuch-Aufzeichnungen vom 20. April bis 22. Juni 1945
Eine
namenlose Frau erzählt von den letzten Tagen des Krieges im Frühjahr
1945 und dem Einmarsch der Roten Armee in Berlin: Schonungslos offen
berichtet die vielleicht 30-jährige von Hunger, Ekel, Gewalt und Angst.
Doch statt Selbstmitleid oder Hass wächst in der jungen Frau ein
unerschütterlicher Überlebenswille heran ....3 Kladden werden von ihr mit
Erlebnissen gefüllt. Eine der vielen Abkürzungen.
"Schdg." - heisst zum Beispiel Schändung. "Zwangsverkehr" nannten es die Behörden.
Der Krieg ist vorbei, das Leiden der Frauen beginnt erst.
Ein Schicksal das unzähligen Frauen widerfahren ist. Auch Anonyma wird
vergewaltigt. Dennoch begibt sie sich anschließend selbstbewußt in eine
Art Zwangsprostitution. Ein ranghoher Offizier musste her. Ein Wolf,
der ihr quasi die Wölfe vom Leibe hielt. Mehr noch, es wurde Essen
"angeschlafen". In diesen Zeiten überlebensnotwendig. Hunger war
allgegenwärtig. Mütter hatten nicht genügend Milch für ihre Säuglinge.
Tote Pferde wurden auf offener Straße ausgeschlachtet.
Erschreckend ist diese lakonische und pragmatische Erzählweise. Die
Perspektive wirkt so überaus distanziert von allem. Frei von
Selbstmitleid, Frei von Hass. Ihre Gefühle wirken abgetötet. Augen zu
und durch, es ging ums Ãœberleben. Sie war dabei, sie hats erlebt, sie
hat darüber geschrieben. Denn davon wollte niemand etwas wissen. Es
musste von deutschen Frauen totgeschwiegen werden. Es wurde von
deutschen Männern tabuisiert.
Ein
wichtiges historisches Zeitzeugnis.
Dieses Buch werde ich mir kaufen. Meine Mutter hat Ähnliches erlebt.
Danke für den Tipp!
vom 23.03.2010, 20.58